Das Interview mit Herbert Pfaffstätter
Wie erlebten Sie die Karl May Film Welle in den 60-er Jahren?
Ich gehörte damals zu jener glücklichen Generation von Jugendlichen, die in den 60-er Jahren die Karl May Filme in der Reihenfolge ihres Erscheinens im Kino miterleben durfte. Mit dem ersten Karl May Film "Der Schatz im Silbersee" wurde damals eine Art Karl May Fieber bei uns Jugendlichen, ich war damals 9 Jahre alt und wohnte in Wien, ausgelöst.
Die Kinos waren randvoll, man musste eine Stunde vor Spielbeginn vor Ort sein und sich in einer langen Schlange anstellen um eine Kinokarte zu ergattern. Durch diverse Zeitschriften wie z.B. "Bravo" wurde das Fieber noch angeheizt. Sie berichteten in regelmäßigen Abständen über die Stars, Dreharbeiten der Filme und Berichten über die nächsten Filmproduktionen, denen wir ungeduldig entgegen fieberten.
Die Starschnitte von Winnetou, Old Shatterhand und Nscho-tschi waren heiß begehrt. Es löste bei uns eine wahre Hysterie aus, alles was es zu den Karl May Filmen gab wurde gesammelt (Filmpostkarten, Spiele, Filmbildbände, etc.).
Was fasziniert Sie an den Winnetou Filmen? Haben Sie einen Lieblingsfilm?
Bis zu meinem ersten Kinobesuch überhaupt „Der Schatz im Silbersee“, war meine mediale Welt SCHWARZ-WEISS im Fernsehen, das ist für die heutigen Jugendlichen kaum vorstellbar, und plötzlich war man in einer anderen Welt.
Die riesengroße Filmleinwand und der Film noch dazu in Farbe und CinemaScope, die bunten Kostüme, die wildromantische Landschaft des damaligen Jugoslawien, die unverkennbaren, faszinierenden Musikkompositionen von Martin Böttcher und vor allem die unsterblichen, heroischen Helden Karl Mays „Winnetou“ und „Old Shatterhand“ , wo die Helden sich mit Leidenschaft für Gerechtigkeit einsetzen und am Ende eines Abenteuers immer das Gute über das Böse siegte, begeisterten mich.
Es sind Filme, die den Zuschauern ethische Grundwerte vermittelten und wo Freundschaft, Loyalität und Mitgefühl von entscheidender Bedeutung waren. Lieblingsfilm habe ich eigentlich keinen. Sie haben mich alle sehr als Jungendlicher beeindruckt, bis auf „Winnetou und sein Freund Old Firehand“ – ihm fehlt das typische Karl May Film Flair.
Besonders zu erwähnen wäre der letzte der Winnetou Reihe „Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten“, es mag zwar nur ein Remake von „Der Schatz im Silbersee“ gewesen sein, aber hier wirkten die Helden auf mich etwas reifer als in den vorher gegangenen Filmen.
Die Landschaft wurde wieder eindrucksvoll ins Bild gesetzt. Es gibt edle Helden, kauzige Westmänner, böse Schurken, nervenaufreibenden Zweikämpfe, und listige Rothäute und natürlich die imposante Filmmusik von Martin Böttcher - eben ein echter, gut gelungener Karl May Film.
Wann besichtigten Sie das erste Mal die Drehorte in Kroatien, welche haben Sie bereits besichtigt? Ihr Lieblingsort?
Schon als 9-jähriger hatte ich natürlich wie viele andere keinen sehnsüchtigeren Wunsch als die Drehorte zu besuchen. Aber damals war der „Wilde Westen“ für mich so weit entfernt wie heute der Flug zum Mond. Das sollte sich aber schlagartig ändern, als ich 1972 stolzer Autobesitzer wurde und ich mit meiner damaligen Freundin und jetzigen Frau, die auch ein Karl May Film Fan war, und die Filmwelle ähnlich erlebte, wir nun zum ersten Mal mit der Drehortsuche in Jugoslawien begannen.
Mit ein paar Winnetou-Postkarten und Filmbüchern im Gepäck ging es ab nach Crvena Luka, in eine Ferienanlage die 1965 neu eröffnet wurde und ab „Winnetou 3“ eines der Standquartiere für das Filmset war. Die Fahrt dauerte damals für die 800 km mehr als 14 Stunden, da die touristische Infrastruktur noch nicht so entwickelt war, und sie war mehr als abenteuerlich. Dort angekommen, erfuhren wir von dem dort angestellten Personal (Kellner, Parkwächter, Putzfrauen) so manches Detail über die Dreharbeiten, Drehorte und Schauspieler.
Es war schon ein erhebendes Gefühl in den gleichen Bungalows zu wohnen, wo einst Lex Barker und Pierre Brice residierten. Von hier aus besuchten wir die diversen Naturparks wo die legendären Aufnahmen entstanden, wie zum Beispiel die smaragdgrünen Seen des
Nationalparks Plitvice, die schimmernden Wasserfälle des
Nationalparks Krka, die imposanten Felsen im
Nationalpark Paklenica, und die bizarre Landschaft des Flusses Zrmanja mit dem im Hintergrund befindlichen Tulove Grede. Ab diesem Zeitpunkt blieben wir der Anlage bis zu ihrer Schließung 2007 treu.
Sie wurde zu unserer zweiten Heimat. Das Schöne war, hier stand die Zeit fast still, es wurde bis zur Schließung fast nichts renoviert und somit das Flair von damals erhalten. 2013 wurde die Anlage neu eröffnet, das alte Hotel und alle alten Bungalows zuvor abgerissen und alles neu aufgebaut. Heute ist es eine moderne 4-Sterne-Anlage, es blieb kein Stein auf dem anderen und für uns nicht mehr interessant. Seit 2008 ist nun das
Hotel Alan in Starigrad-Paklenica, wo auch einst im heutigen
Winnetou-Museum Kroatien die Karl May Stars residierten eines unserer Urlaubsziele.
Der richtige Drehorte-Run begann meiner Meinung nach erst 2001 mit dem Erscheinen des Buches „Der Weg zum Silbersee“ von Michael Petzel, der sehr genau über die Drehorte und Dreharbeiten der Karl May Filme darin berichtet. Was einst begann mit dem Besuch der Nationalparks endete mit den detaillierten Besuch der Drehorte was sich steigerte auf welchen Felsen, Steinen standen einst die Stars im Film, und wer „crazy“ genug dafür ist, stellt diverse Szenen auch in Kostümen nach.
Wir haben schon alle wesentlichen Drehorte mehrmals besucht, wie man auf unserer Homepage (www.aufwinnetousspuren.at) sieht, aber es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken und sie sind zu jeder Jahreszeit wieder ein anderes Erlebnis.
Einen Lieblingsdrehort gibt es nicht, aber ein jeder Winnetou-Drehorte-Fan sollte doch mindestens alle Naturparks, das Zrmanja Plateau und insbesondere den Tulove Grede, wo noch heute „der Atem Manitous“ weht, besuchen. Besonders aber möchte ich auch das Hinterland von
Rijeka, das Gebiet Platak, mit seiner sanften Hügellandschaft erwähnen, wo einst zahlreiche Indianerdörfer standen und viele Reitszenen mit Rothäuten und Banditen gedreht wurden.
Neben Kroatien gibt es noch weitere Länder in denen Szenen für Karl May Filme gedrehrt wurden. Welche Länder sind das und welche Länder & Orte haben Sie bereits besichtigt?
Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Kosovo, Spanien, Peru - Macchu Pichu, USA (Gran Canyon) und natürlich Deutschland - Schloss Charlottenburg und das CC-Studio Berlin-Spandau, wo viele Studioszenen entstanden.
Unsere besichtigten Drehorte der Karl May-Filme:
In Deutschland: die CC-Filmstudios von Arthur Brauner in Berlin/Spandau
In Slowenien: alle bei Postojna – die Höhle Otoška, Radkov Skočjan , Javornik- Gebirge, ṧupanova Jama
In Bosnien-Herzegowina: Popovo Polje, župci-Tal, Festung Kravica
In Montenegro: Orjen-Pass, Fluss Cijevna, Petrovac, Skadarsko Jezero, Cemovska Polje, Klezna Canyon, Stubica beim Kloster Ostrog und die Morača-Schlucht die ich besonders hervorheben möchte, da sich entlang der wildromantischen Schlucht in der Nähe der Hauptstadt Podgorica bis zum Kloster Morača alle paar Kilometer ein Drehort („Der Schut“) befindet.
Sie haben eine große Sammlung von Autogrammkarten auf ihrer Webseite präsentiert. Haben Sie auch einige Stars der Filme persönlich kennengelernt? Bzw. schon öfters live gesehen?
Meine erste Begegnung mit Pierre Brice hatte ich bereits 1970, wo er mir bei einer Vorstellung von „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“ in Wien ein Autogramm gab.
Weitere sollten folgen – in der Stadthalle Wien 1978- 1981 bei diversen Bühnenstück-Aufführungen, einer Veranstaltung in der No Name City 2001 wo auch Marie Versini anwesend war, 2006 in Korneuburg und der Höhepunkt im Jahre 2010 in der Pullman City und zuletzt in der Excalibur City 2011. Von 1998 bis 2008 fanden alle zwei Jahre in Groß-Enzersdorf bei Wien Karl May- Feste statt. Hier entstanden unsere ersten Kontakte zu anderen Karl May Fans.
An diesen Festen nahmen auch viele Ehrengäste aus den Winnetou Filmen teil, unter anderem Martin Böttcher, Marie Versini, Miha Baloh, Erwin Halletz, Rik Battaglia, Valdimir Tadej, Leonhard Putzgruber, Dunja Rajter und Sigi Hold. Mit Sigi Hold verband uns eine besondere Freundschaft, er konnte über viele Einzelheiten aus seinem Leben als Kameramann berichten.
Bei der Winnetou-Convention 2007 in
Kroatien lernten wir Mirko Boman, Nikola Gec, Demeter Bitenc, Miroslav Buhin, Nenadovic Dorde, Vida Jerman kennen. 2010 – 2011 „Auf den Spuren Winnetous“ in Starigrad-Paklenica kamen dann die Schauspieler Simun Jagarinec, „Jazo“ Ilija Ivezic und Tom Vukuṧić hinzu.
Bei diesen Veranstaltungen durfte ich noch den Drehorte-Scout spielen. Im Winnetou-Museum vom Hotel Alan lernten wir im Juni 2011 Gordana Zeitz-Ceko, das Double von Daliah Lavi kennen. Zu guter Letzt waren in Berlin 2012 Gojko Mitić, Bill Ramsey, Chris Howland anwesend. Bei allen diesen Gelegenheiten ergatterte man dann auch ein Autogramm.
Was war ihr bisher schönstes Erlebnis was Sie mit Winnetou verbinden?
Für Christa Pfaffstätter erfüllte sich ein Jugendtraum (Treffen mit Pierre Brice)
Als sich der Jugendtraum meiner Frau nach 45 Jahren erfüllte: Sie träumte als Jugendliche davon, einmal ihrem Idol Winnetou (Pierre Brice) als Ribanna gegenüber zu stehen.
Dieser Traum erfüllte sich 2010 im Rahmen einer Kostümpräsentation in der Pullman City, die wir mit Freunden veranstalteten und als Gaststar Pierre Brice einluden.
Wir präsentierten Kostüme aus diversen Winnetou-Filmen, die ein guter Freund von uns in jahrelanger Handarbeit originalgetreu anfertigte. Als wir die Kostüme aus „Winnetou 2“ auf der Bühne präsentierten, und sie das Kostüm von „Ribanna“ vorführte, kam Pierre Brice auf sie zu und sagte:
„Ribanna, meine große Liebe, küsste sie und sang ein paar Zeilen seines Liedes Ribanna“. Das waren schon bewegende Momente.
Wie sehen Sie die Winnetou Fankultur heute und in 10 Jahren? Wird diese weiterhin so stark vertreten sein oder weniger werden?
Da die Filme heute nach 50 Jahren ja schon Kult sind und immer wieder im Fernsehen ausgestrahlt werden, und durch die Computervernetzung und diverser Homepages so mancher an die Helden seiner Jugend wieder erinnert wird, glaube ich, dass die Fangemeinschaft größer wird.
Man sieht an Hand des Filmerfolges von Bully Herwig „Der Schuh des Manitous“ dass das Interesse an Winnetou weiter besteht. Ein Manko ist, dass dieser Film nicht an Originaldrehorten in Szene gesetzt wurde. Schade ist nur, dass in der heutigen Fangemeinschaft, die wahrscheinlich aus ein paar Hunderten besteht, keine Einigkeit herrscht und jeder an einem anderen Strang zieht.
Sie sollten sich doch ein Beispiel an den ihren Helden nehmen wo Treue und Freundschaft und vor allem Ehrlichkeit im Vordergrund steht. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es doch noch einmal eine große Fan-Gemeinschaft wird.